„Man sollte Demenz gesellschaftstauglicher machen“ ist eine der vielen wertvollen Botschaften, die Hildegard Nachum bei ihrem Vortrag „Die Weisheit der Demenz“ am 18.10.2024 in Rankweil dem Publikum mitgibt.
Der Veranstaltungsort, die Stickerei, ist mit 50 Plätzen tatsächlich knapp kalkuliert und es gibt eine Warteliste, denn so groß ist das Interesse am Thema. „Wir haben aufgrund des Jubiläums ‚15 Jahre Aktion Demenz Rankweil‘ in den letzten Monaten so viel zum Thema Demenz organisiert, dass wir dachten, das Thema sei nun erschöpft – aber dem ist nicht so“, berichtet Michael Müller, Leiter der Gemeinwesenstelle MITANAND, der die Tür für 70 Interessierte öffnet.
Dass das Thema nicht nur derzeit sehr gefragt ist, sondern immer mehr an Bedeutung gewinnt, belegt Hildegard Nachum mit Zahlen und Fakten. Derzeit leben in Österreich 135.000 Menschen mit der Diagnose Demenz, die Zahl der Dunkelziffer wird auf ein Dreifaches geschätzt. „Besonders die Jahrgänge 1959 bis 1965 werden die nächsten 30 Jahre die Demenzbühne ordentlich rocken“, so die realistische Perspektive von Frau Nachum. Frau Nachum gelingt es nach nur wenigen Minuten, das Publikum durch einen lockeren Schmäh und das Erzählen berührender Erlebnisse abzuholen. In aller Klarheit zeigt sie auf, dass es nichts bringt, Menschen mit Demenz die Welt zu erklären und sie zu korrigieren. „Die Konfrontation mit Defiziten tut den Betroffenen nur weh und führt dazu, dass sie sich mehr und mehr isolieren. Vielmehr geht es darum, den Menschen in SEINER Welt zu begleiten…“
Wie dies gelingen kann? Durch Validation.
„Validation“ kommt von „valere“ und bedeutet „etwas gültig lassen“. Sie zielt darauf ab, Menschen mit Demenz in ihren Gefühlen, Äußerungen und Handlungen ernst zu nehmen und ihre Botschaften gelten zu lassen. Betroffene sollten keinesfalls korrigiert oder belehrt, sondern in ihrer eigenen Realität unterstützt werden. In der konkreten Umsetzung ist Validation eine Kommunikationsmethode, um mit Erkrankten in Kontakt zu treten. Naomi Feil, Schöpferin dieser Methode sagt: „Wir müssen lernen, in den Schuhen des anderen zu gehen“. Es geht darum, die Bedürfnisse, welche hinter einer Aussage oder einem Verhalten des anderen stecken, zu erkennen. So kann sich zum Beispiel im Wunsch „nach Hause zu wollen“ – obwohl sich die betroffene Person zuhause befindet – das Bedürfnis nach Geborgenheit ausdrücken.
„Hinter jedem Verhalten liegt eine Ursache“
Hildegard Nachum wiederholt diesen Satz so oft, dass er sich wie ein Mantra durch den Abend zieht. Im Laufe ihrer langjährigen Erfahrung als Pflegerin und Ausbildung zur Validationsexpertin hat sie die Bedürfnisse vieler Patient*innen zu verstehen gelernt und bringt einige konkrete Beispiele mit: Frauen, die Löffel sammeln, haben oft Angst, ihre Kompetenz als Hausfrau zu verlieren. Wer immer das gleiche Hemd tragen möchte, hat wahrscheinlich eine Erinnerung daran, es zu einem besonders schönen Anlass getragen zu haben. Wer gerne Zeitungen sammelt, möchte nicht verpassen, was draußen in der Welt passiert…
Hinter jedem Verhalten liegt eine Ursache. Die Ursache liegt im gestern, doch sie zeigt sich im heute. Durch Validation wird es möglich, die Wünsche und Bedürfnisse von Menschen mit Demenz besser oder überhaupt zu verstehen und ihnen respektvoll dabei helfen, eine gute Lösung für sie zu finden.
„Ein Mensch mit Demenz kann sich nicht mehr verändern, aber wir, wir können das tun. Wir haben noch die kognitiven Möglichkeiten dazu und es ist wertvoll, wenn wir sie nutzen“, so Hildegard Nachum.
Die Präsentation von hildegard Nachum kann HIER heruntergeladen werden
Veranstalter: Arge – mobile Dienste Rankweil, Übersaxen und Meiningen in Zusammenarbeit mit dem Bildungshaus Batschuns
auf dem Bild: Christiane Massimo (Bildungshaus Batschuns), HIldegard Nachum (Referentin), Michael Müller (Gemeinwesenstelle MITANAND)
Bildnachweis: Peter Steidl